Energie- und Lastmanagement

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Thomas Vogel, Geschäftsführer der zeitgeist engineering gmbh, erklärt, welche Herausforderung die Energiewende für die Stabilität unserer Stromnetze darstellt – und wie das Themenfeld der Sektorenkopplung in Verbindung mit Smart Buildings hier Abhilfe schafft.


Die Umsetzung einer nachhaltigen und klimaneutralen Energiewende gehört mit zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Es ist der Spagat zwischen einer umweltschonenden und gleichzeitig bezahlbaren Energieversorgung weltweit zu vollziehen. Hierbei obliegt vor allem den westlichen Industriestaaten eine nennenswerte Verantwortung. Allerdings bringt diese Verantwortung nicht nur Herausforderungen, sondern auch zahlreiche
Chancen für künftige Arbeits- und Technologieplätze, insbesondere für die Wirtschaftsstandorte, mit sich.


Die Energiestruktur der Zukunft ist nicht nur eine „Energieerzeugungswende“, sondern vor allem auch eine Technologiewende. In diesem
Zusammenhang gewinnt der Bereich der Digitalisierung, Vernetzung und Energiesteuerung eine zentrale Bedeutung. Eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende erfordert eine systemische Betrachtung der Energiesektoren Strom-Wärme/Kälte-Mobilität (Sektorenkoppelung).
Hierbei geht es in erster Linie um eine intelligente Vernetzung der Sektoren mittels einer übergreifenden Intelligenzplattform.

Dabei besteht die Herausforderung vor allem darin, nicht nur die strukturellen Anpassungen hierzu einzuführen, sondern vor allem auch kundenattraktive Lösungen zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang spielt das Themenfeld der Gebäudeautomation in Verbindung mit Smart Building eine zentrale Rolle. Es bietet die Möglichkeit, den Kunden einerseits emotional attraktive Lösungen im „Smartsegment“ zu liefern und dadurch die Basis der Energiesteuerung und Sektorenkopplung zu implementieren. Wichtig ist hierbei, dass nicht nur das Gebäude (Gewerbe oder Privat) im Gebäude, sprich Eigenversorgung, gedacht wird, sondern die Einbindung von Gebäuden in künftige „Smart Grid“-Funktionen umgesetzt wird. Dies ist zur Umsetzung einer wirklichen Sektorenkopplung von zentraler Bedeutung. Insbesondere der Mobilität, derzeit im Schwerpunkt Elektromobilität, wird hierbei neben der Wärme-/ Kälteerzeugung eine tragende Rolle zufallen.

Die bisherigen Ansätze zum Bereich Smart Building und Sektorenkopplung zeigen, dass in der Entwicklung der Smart-Vernetzungs-Lösungen fast ausschließlich innerhalb von bestehenden Branchen und Energiesektoren gedacht wurde, jedoch nicht vernetzt zwischen den Sektoren. Das eigentliche Potenzial der Sektorenkopplung und Smart-Building-Technologie, das durch die Generierung von sektorenübergreifenden Anwendungen völlig neue Lösungsansätze für die Wohn- und Arbeitswelt bietet, wurde bisher kaum ausgeschöpft. Entsprechend hoch ist das Entwicklungs- und damit verbunden auch das Effizienzpotenzial, das durch die Vernetzung von Smart-Building-Technologien und der Sektorenkopplung möglich ist.


Die Realisierung der Energiewende basiert insbesondere auf dem Umstieg von fossilen Brennstoffen und Atomenergie zu erneuerbaren Energien. So richtig, notwendig und alternativlos dieser Schritt ist, in puncto Netzstabilität und Versorgungssicherheit bringt er Herausforderungen mit sich.

Vor der Energiewende floss der Strom nur in eine Richtung: vom Kraftwerk zum Kunden. Heute beziehen die Netze den Strom vermehrt aus dezentralen Quellen, beispielsweise aus Windkraft- oder Fotovoltaikanlagen. Es liegt in der Natur der Dinge, dass sich die Planbarkeit dadurch erschwert. Bei Flaute oder bedecktem Himmel herrscht ein Stromdefizit, das die konventionellen Kraftwerke ausgleichen müssen. Bei viel Wind und Sonnenschein gibt es einen Energieüberschuss, der die Netze bereits heute teilweise bis an die Grenzen belastet – der zu viel produzierte Strom wird unter dem hiesigen Preisniveau ins Ausland abgegeben. Dieses Ungleichgewicht lässt die Spannung im Netz schwanken, Störungen und Ausfälle drohen.

Um das zu verhindern und die Energiewende gleichermaßen stabil wie bezahlbar zu gestalten, müssen Gewerbe- und Privatgebäude multidirektional in das Stromnetz eingebunden werden.

 

Die Umsetzung ist in erster Linie eine Frage der Intelligenz


Es werden intelligente Gebäude (Smart Buildings), intelligente Netze (Smart Grids) und intelligente Mess- und Steuerungseinrichtungen (Smart Efficiency) benötigt. Ziel ist es, den volatilen Bereich der Energieerzeugung, im Schwerpunkt Strom als höchste Energieform, mit einer dynamischen Abnahme zu kombinieren.

Hierfür ist ein übergeordnetes Lastmanagementsystem nötig, das insbesondere die Energieverbraucher dynamisch aussteuert und nach entsprechenden Priorisierungen versorgt. Dabei muss eine Kommunikation mit den entsprechenden übergeordneten Netzstrukturen und/oder Eigenerzeugungsanlagen stattfinden. Liegt beispielsweise im Netz ein Stromdefizit vor, so wird diese Information durch die lokale Steuerungseinheit Smart Efficiency erfasst, verarbeitet und dann der geeignete Verbraucher angesteuert. Zum Beispiel durch die Abregelung der Wärmepumpe, da die lokalen Pufferspeicher noch entsprechende Wärmevorräte aufweisen, sodass die Wärmeerzeugung verschoben werden kann. Zeitgleich speisen PVAnlage und Speicher überschüssige Energie in das Netz ein, ohne dass es dabei zu Komforteinbußen im Gebäude kommt. Hier ist insbesondere das große Potenzial der stationären und mobilen Batteriespeicher, beispielsweise in Flurförderzeugen, zu nennen. Sind dort Kapazitäten frei, oder können diese zeitlich verschoben werden, dann entstehen große Potenziale, die sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich dienlich sind. Einerseits kann durch diese Maßnahmen ein Stromnetz entlastet werden, was der Volkswirtschaft zugutekommt. Andererseits können innerbetriebliche Kapazitäten genutzt und verschoben werden, die durch flexible Strompreismodelle vergütet werden.

Ist hingegen zu viel Strom im Netz, ist Smart Efficiency in der Lage, Netzlast abzunehmen. Die Software regelt dann die PV-Eigenerzeugung
zurück, nutzt Netzstrom für den Betrieb der Wärmepumpe, lädt die Batteriespeicher und aktiviert Verbraucher, etwa durch das Laden der Flurförderzeuge, des Elektromobilitätsfuhrparks oder durch den zusätzlichen Betrieb eines Heizstabes zur Temperaturerhöhung in den Wärmepufferspeichern oder aber auch der Aktivierung von Heizungen oder Klimageräten in derzeit nicht genutzten Besprechungsräumen. Die dortige Wärme/Kälte wird dann über die Lüftungsanlagen zu einem späteren Zeitpunkt in das Gesamtgebäude verteilt. Hierdurch werden „Eh-da-Kapazitäten“ mehrfach genutzt, wodurch zusätzliche Einnahmequellen in Form von Spitzenlastausgleichszahlungen oder auch Einsparkapazitäten genutzt werden können. Es zeigt sich, welch große Potenziale eine intelligente Sektorenkopplung in sich birgt und was für Marktpotenziale damit erreicht werden können. Jetzt ist die Zeit, die Herausforderung der Energiewende als Chance für die Zukunft, sowohl aus umwelt- als auch aus wirtschaftlicher Sicht, zu betrachten.


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